„Frau Ötzi“, von der Wissenschaft umworben: 1902–1925

Das gefundene Skelett interessierte die Wissenschaft. So gelangte es 1902 nach Zürich und wurde an Prof. Dr. Rudolf Martin von der Universität Zürich übergeben. Er verwendete die interessanten Knochen für Vorträge. Teile des Skeletts (Kiefer, Zähne, Sprungbein, Schädel) wurden einzelnen Laboranten des Zürcher Anthropologischen Instituts zum Zweck bestimmter Spezialuntersuchungen zur Verfügung gestellt. Die Gesundheit von Prof. Martin erschwerte es ihm, die Materialien von Egolzwil schriftlich zu veröffentlichen, weshalb die Knochen zurück nach Luzern gingen.

Bereits am 28. März 1912, nach dem Amtsantritt von Prof. Dr. Bachmann, gingen sie wiederum nach Zürich zur Untersuchung und Veröffentlichung. Prof. Dr. Otto Schlaginhaufen, Direktor des Anthropologischen Instituts der Universität Zürich, übernahm die Untersuchung und publizierte 1925 ein Buch mit über 250 Seiten zu allen Knochenfunden aus dem Wauwilermoos. Das kleinwüchsige Skelett von Egolzwil stammt von einer Frau von knapp 30 Jahren, die bei Ihrem Tode eine Körpergrösse von 143 cm hatte. Bis ins kleinste Detail ist jeder Knochenteil wissenschaftlich untersucht und beschrieben worden. Vergleiche mit anderen europäischen und afrikanischen Menschenfunden zeigen, dass das kleine Pfahlbauskelett dem schlesisch-böhmischen Neolithikum 5‘000 Jahre v. Chr. zuzuordnen ist, während andere Knochenfunde in Kottwil, Schötz und Wauwil aus dieser Zeit eher zum Neandertaler passen. Mit diesem Buch fand eine fast 25 Jahre dauernde wissenschaftliche Arbeit einen Abschluss.  Damit ging das Skelett als die „kleine Egolzwilerin“ in die Geschichte ein.